Die Briefe von Gustav Lörzer
Brief 03
Datum: 06.09.1944
Ort: Rauschen [1], Düne
Mein liebes Frauchen!
Noch habe ich immer keine Post von Dir. Telefon ist auch noch nicht bei uns gelegt, so dass ich überhaupt nichts von euch weiß. Ich lege Dir einen Brief von Metel bei. Nun ist auch bei denen das große Leid eingezogen. Wieder ein junges Leben aus unserer nächsten Familie ist vorm Feind geblieben. Wann wird ein Ende damit sein? Wir wissen ja, wie sehr Wiemers an ihren beiden Jungs hängen, und können uns Metels und Georgs Schmerz vorstellen.
Der Schmerz der Eltern um ein Kind wird wohl immer der größte sein.[2]
Wie geht es euch? Ich freue mich jeden Morgen, wenn eine Nacht ohne Fliegeralarm vorüber ist, weil ich doch weiß, wie sehr Du dich ängstigst. Bleibe nur mutig und stark, Muttilein. Vielleicht kann ich auch einmal kurz rübergeflitzt kommen, wenn ich einmal dienstlich nach Königsberg muss. Einen Grund für eine Dienstreise muss ich mir dann allerdings erst suchen. Ich weiß nicht, ob Du meinen Brief schon erhalten hast, sonst müsste ich doch schon Post haben. Sind Dir auch telefonisch keine Grüße über Hertrampfs Telefon bestellt worden?
Wir hausen nun ganz dicht an der See. Es müsste Frieden sein und ihr hier bei mir, dann könnte es mir gefallen, aber leider. Wie ist die Stimmung bei euch? Auch der Finne ist nun ausgebrochen. Doch deshalb werden wir doch den Krieg gewinnen. Letztens hieß es ja in den Leitartikeln in der Zeitung „Der Sieg steht vor der Tür“. Oberzahlmeister Wienke sagte „ja, aber dann soll man den Sieg doch schleunigst rein lassen, warum soll er vor der Tür warten.“ Na ja, es wird schon alles werden.[3]
Nan recht herzliche Grüße von mir an Dich und die Kinder. Dir aber auch viele herzliche Küsse.
Gute Nacht
Gustav
Der Bote wartet, leider nur auf mich allein.
