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Die Briefe von Gustav Lörzer

Brief 10

Datum: 30.10.1944
Ort: Keine Ortsangabe


Mein liebes Frauchen!

Nun habe ich schon 2 Tage keine Post von Dir erhalten und ich warte schon sehnsüchtig darauf. Willst mich doch nicht elendiglich zappeln lassen, Muttichen. Heute hatte ich anch Rummelsburg 235 angemeldet, aber bisher hat sich noch nichts gemeldet. Zu gerne möchte ich doch wissen, wie ihr da so wohnt, aber vorläufig ist meine Absicht, dass ich einmal hinkomme. Diesmal wird unser 7.(Kind) doch wohl ohne mich das Licht der Welt erblicken. Wird’s ein Junge oder ein Mädchen sein, Frauchen? Und wie soll es heißen: Hans-Georg, Eberhard! Oder Eleonore, Renate, Gerda? Was ich so für Sorgen habe, was? Na ja, aber wir haben uns doch darüber noch gar nicht unterhalten, und da muss ich doch wentgstens einen kleinen Beitrag geben, sonst wüsste mein Puttichen nachher überhaupt nicht, was sie machen sollte. Wenn Du nur erst alles glücklich hinter Dir hättest. Ich bin jetzt gar zu oft mit meinen Gedanken bei Dir, weil doch die Stunde immer näher rückt. Wo dachten wir vor 4 Jahren, dass wir nochmals in Rummelsburg wohnen würden und dort nur in einer Behelfswohnung, dicht zusamımengedrängt? Nun gar soll noch das 7. dort geboren werden.

Heute wurde ich vom Fliegerhorst Insterburg angerufen. Stabszahlmeister Lange teilte mir mit, dass Georg angerufen habe. Ttel und Willi möchten in unsere Wohnung ziehen. Nun werde ich morgen hinfahren und die Schlüssel Fran Porer (?) abgeben. Es dürfte ja doch ganz gut sein, wenn Verwande in der Wohnung sind. Die können dann doch auch mal ein Wörtchen einlegen, wenn die da zu schlimm hausen sollten. Von Gretel und Erika weiß niemand etwas. Wie mag es denen nur ergangen sein? In Balbern liegt der Divistonsstab, eine Einheit, mil der wir auch zu tun haben. Schon zum 2. Mal habe ich diese Dienststelle telef. angemeldet. Vielleicht kann ich doch dort erfahren, ob einer von den Einwohnern da ist, der etwas von Erika weiß. Leider bin ich bisher nicht durchgekommen. Am liebsten möchte ich selbst dorthin Jahren, doch man kommt da ja nicht mehr durch, weil auch die Bahn nur noch bis Wehlan fährt. Ich bin doch froh, dass ihr, meine lieben, in Sicherheit seid. Wenn Du den Andrang mit Kindern und Gepäck auf den Bahnhöfen gesehen hättest, geschlagen haben sie sich um die Plätze. Wie wäre es euch da ergangen. Gewiss, noch hätte man in Neuhausen wohnen können, aber ob man dann mit diesem fluchtartigen Strom nicht doch mitgezogen wäre?

Der Herd ist erst heute mit einem Lastkraftwagen abgegangen. Hoffentlich kommt er nun wenigstens In 8 Tagen bei euch an. Ich habe mich halbtot telefoniert. Zuerst läuft alles ganz gut an, doch dann kommt immer eine Schwierigkeit nach der anderen. Doch jetzt hoffe ich, dass es klappt. Ist Herr Mahnke schon da gewesen, oder ist es Zhm auch nicht möglich gewesen? Mit Neuhausen habe ich noch nicht sprechen können, ob der Teppich und die Kiste abgegangen sind. Morgen werde ich's aber versuchen.

Framnchen, mein Liebes, ich habe in den ersten Tagen so manches Mal daran gedacht, wie beheifsmäßig ihr da leben müsst, aber ich hoffe doch, dass es euch nun schon besser geht bis auf die Kochgelegenheit. Doch auch die wird noch kommen. Alle Not muss doch auch einmal ein Ende haben. Dann wollen wir uns unseres Glückes freuen und dem Schicksal nur dankbar sein, dass es uns noch einmal wieder froh sein ließ. Wenn diese Zeit kommen wird, weiß man nicht, doch wenn wir aushalten, muss sie ja einmal kommen.

Mein Muttichen, Jungs, Dorchen und Eddatein! Ich grüße euch alle herzlich. Dir, mein liebes Frauchen, einen herzlichen Kuss

Dein Gustav

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