Die Briefe von Gustav Lörzer
Brief 11
Datum: 03.11.1944
Ort: Rauschen
Mein liebes Frauchen!
In den letzten Tagen sind meine Briefe nicht so regelmäßig abgegangen, wie Du sie vielleicht erwartest. Das liest
daran, dass ich hier schon mit Abmelden und dergleichen beschäftigt bin und nur deshalb etwas durcheinandergeraten bin. Nun ist mein Dienstantritt in Heiligenbeil auf den 9. 11. festgesetzt worden. Du wirst die Post also
von jetzt ab dorthin richten müssen. Ich wollte in den letzten Tagen telefonisch durchkommen, doch nichts zu
machen. Morgen früh werde ich es noch mal um Y27 Uhr versuchen, selbst auf die Gefahr hin, dass ich Dich aus
dem warmen Bett holen lassen muss.
Wie geht es dir gesundheitlich, liebes Puttichen? Du schreibst darüber sehr wenig, aber ich glaube immer, Du
hast diesmal mehr zu leiden als sonst. Doch nun kannst Du ja nur noch die Tage zählen, und die schwere Stunde
wird auch vorübergehen. Ich werde in Gedanken immer bei Dir sein, mein Frauchen, und wenn ich diesmal auch
nicht selbst dabei sein kann, mit meinen Gedanken will ich Dir in Deinem Schmerz helfen und Du sollst auch
an mich dabei denken, wie ich mit dir Freud und Leid fühle. Wie würde ich mich freuen, könnte ich einmal bei
Dir sein. Ich würde Dich in meine Arme nehmen und Dir allen Schmerz und alle Sorgen wegküssen. Doch was
soll ich dir mit diesen unerfüllbaren Wünschen das Herz schwerer machen.
Von Metel und Itel habe ich einen Brief erhalten. Metel schreibt und fragt, ob Du ihnen nicht in Rummelsburg
ein Zimmer besorgen kannst und ob Du die Kisten, die sie abschicken möchte, dort unterstellen kannst. Ich werde
ihnen nun antworten, dass dies nicht möglich ist, weil Du Dich jetzt damit nicht abgeben kannst. Sie werden wohl
nicht wissen, dass gerade jetzt der kleine Erdenbürger ankommen soll.
Vorgestern und gestern habe ich 3 Pakete abgeschickt. Hoffentlich sind sie nicht zu lange unterwegs, weil in
dem einen 3 Hähnchen drin sind. Es wäre doch zu schade, wenn die schlecht sein sollten. Ob, wenn Du diesen
Brief erhältst, der Herd schon da ist? Ich würde mich sehr freuen, wenn ich euch damit ehwas helfen könnte. Die
Kiste und der große Teppich sind, wie ich von Neuhausen erfahren habe, auch noch abgegangen. Lege die Teppiche
ja aus, damit ihr es etwas wärmer habt. Ob ich Willi Langanke noch bitte, dass er auch die Nähmaschine nachschickt? Die werden jetzt doch sicher in unserer Wohnung sein. Hast Du Halinas Zimmer abgeschlossen und den
Schlüssel abgezogen? Auf dem Boden habe ich noch Erikas kleinen Koffer gefunden. In einen Deiner Pakete sind
ein paar Stückchen Leder(?) drin, die sind auch daraus. Wo nur Gretel stecken mag?
Mein liebes, herziges Frauchen, ich küsse Dich in Gedanken recht herzlich. Könnte ich Dich nur einmal in die
Arme nehmen und einen Teil der Sorgen Dir tragen helfen. Grüße die Kinder herzlich vom Papi, vor allem aber
Klein-Eddalein
Gustav
Heute war ich zum ersten Mal in Rauschen im Kino. In demselben Saal ist ein Lazarett. Und weißt Du, wer
auf einmal auf mich zugestenert kommt? Gerda Lörzer. Nun soll ich sie morgen besuchen. Sie weiß auch nichts
von den Schublanern.
Fussnoten
Keine Fussnoten
