Die Briefe von Gustav Lörzer
Brief 15
Datum: 13.11.1944
Ort: Heiligenbeil [1]
Anmerkungen: Keine.
Mein liebes Frauchen! Nun hab ich’s geschafft für heute Abend. Es ist 21'” Uhr. Bis jetzt habe ich gearbeitet, an meinen Sachen. Mittags hatte ich 16 schmutzige Taschentücher in meinem Waschbecken (weißt, so an der Wand mit fließenden Wasser) eingeweicht. Seifenpulver hatte ich mir von Hanse ans dem Keller ein Päckchen mitgebracht. Jetzt abends habe ich sie dann erst einmal abgerieben. Dann habe ich mir aus dem Baderaum heißes Wasser geholt und im Waschbecken eine Lange gemacht. Die Taschentücher und eins von meinen Taschentüchern noch mit Kernseife eingerieben, alles noch ein Weilchen weichen lassen und dann gewaschen. Dann nochmals kalt gespült, und nun hängt alles auf den Leinen, die kreuz und quer durch mein Zimmer gespannt sind. Strümpfe habe ich auch noch gleich 8 Paar verarztet. Schließlich habe ich mir ein Bügeleisen fertig gemacht. Dazu habe ich unser 2. Eisen schon damals nach Rauschen mitgenommen, auch die Verlängerungsschnur und das Anschlussstück am Bügeleisen. Das habe ich nun zusammengeschustert und schon ausprobiert. Es funktioniert alles, Bin ich nicht ein schlauer Fuchs? Ja, man wird erfinderisch, wenn man Strohwitwer ist. Die große Wäsche und Kragen werde ich zusammenpacken und meinem Bekleidungsverwalter geben, der bringt alles zur Waschanstalt, nur soll es vorher gezeichnet sein und das war mir bei den Taschentüchern und Strümpfen zu viel. Eine Bergmütze lasse ich mir jetzt anfertigen. Für eine Uniform einen Bezugschein werde ich mir anch noch beschaffen. Eine Kleider-, Auftrag (2)- und Handwaschbürste habe ich mir auch organisiert. Jetzt spielt der RundJunk und ich schreibe diesen Brief (Musik: „Auf in den Kampf Torero‘). Habt ihr schon in Erikas Kisten nachgesehen, ob da nicht Pauls oder Erichs Radioapparat drin sind? — Morgen wird geplättet und Schränke in Ordnung gebracht, dann kann ich auch wieder Skat spielen. Ich habe schon damals und auch jetzt noch dauernd mit Furunkeln im Genick und am Kopf zu tun. Gehe jeden Tag zum Krankenrevier und lasse mir Pflaster raufkleben. Heute habe ich über Rauschen noch einen Brief vom 4. 11., auch den von Dorchen und Joachim, erhalten. Besten Dank euch allen Dreien. Und Muttilein, dass Du ja die 10 Tage im Krankenhaus bleibst. Die Kinder müssen eben einmal ohne Dich auskommen. Es ist doch bestimmt besser, als wenn nachher eine Krankheit nachKommt und Du vielleicht wer weiß wir lange legen musst. Musst doch auch für mich wieder schön gesund werden, ich brauche Dich doch ebenso wie unsere Kinder. Wenn Du mir krank würdest, wäre ich hier bestimmt auch krank. Mielke (?) ist also auch vermisst, einer nach dem anderen. Soll ich die letzten Hühnchen wirklich abschlachten lassen? Aber dann nicht für mich, sondern für euch. Es sind ja nur noch 4. Wie aber hinkommen. Vielleicht muss ich morgen nach Köntesberg fahren, etwas abholen. Ich müsste dann versuchen übermorgen dort einzukehren. Ja, mein Frauchen, die Musik spielt vom kleinen Lied „sag mir im Herzen Gute Nacht“. Auch ich sage Dir gute Nacht, mein Bebes Puttichen. Wie gerne möchte ich bei Dir sein und Dich so recht von Herzen keb haben, Du, mein alles, mein Liebstes auf der Welt. Viele herzliche Grüße Euch allen und dir einen herzlichen Kuss Gustav Sobald Du ganz munter bist, Multtilein, lasst thr euch photographieren und schickt mir ein Bild davon. Gestern habe ich noch an den Bürgermeister in Neuhausen geschrieben. Heute rief ich an. Die Bescheinigung ist heute ab- ‚gegangen. Auch an Erika und das Östpreußenwerk (?) habe ich geschrieben. Kleiderkarten haben die in Neuhausen noch keine vorrätig
